Goldene Kinderreime

Goldene Kinderreime als Sprachentwicklungshilfe bei Sprachentwicklungsstörungen
Goldene Kinderreime hören und erlernen

 

Instinktiv wussten alle Völker von der absoluten Notwendigkeit, Kinderreime und Kinderlieder für und mit kleinen Kindern zu singen und zu sprechen. Sie sind so wichtig wie Milch und gelbe Rüben. Warum? 
Seminar mit Frau Heide Mende-Kurz, Logopädin, Sprachgestalterin, Rezitatorin, Schauspielerin und Regisseurin. 

Die alten, zeitlosen Kinderreime sind die Hebammen der Sprachentwicklung. Die Reime werden nie ohne die dazugehörige Bewegung gesprochen. z.B. bei dem Reim, der schon für das 6 Wochen alte Kindchen gesprochen werden kann,

1.    Kinnewippchen
2.    Rotes Lippchen
3.    Nuppelnäschen
4.    Augenbräuchen
5.    Härchen Zipp

 

berührt die Mutter das Kinnchen, die Lippchen, das Näschen etc. Das Kind hört fast alle Laute des Alphabets in einem wunderbaren Rhythmus.

Die Reime sind nicht nur nette Unterhaltung, sondern sie ernähren und erbilden den Hörsinn, den Sehsinn, den Tastsinn, den Bewegungssinn, den Gleichgewichtssinn auf geheimnisvolle Art. Die Kinder, selbst noch mit 6 Jahren, lieben diesen Reim über alles, denn die vollsaftigen Laute sind wie Streicheln und Liebkosen der Mutter.

Oder bei dem Reim gibt die Mutter bei jeder Zeile Da hast einen Taler Gehst auf den Markt Kaufst dir eine Kuh Und ein Kälbchen dazu Das Kälbchen hat ein Schwänzchen Und macht dille dille dänzchen. einen zarten „Batsch“ in das Kinderhändchen, bei „dille dänzchen“ kribbelt sie mit ihren Fingern in das Händchen. Bei diesem Reim werden die Zungenstützlaute, L,N,D,T auffallend oft gebraucht. Als ob die „Alten“ gewußt hätten, wie wichtig die Zungenmuskulatur für die Sprachentwicklung ist. Und tatsächlich, die Mutter macht den Reim, das Kind ahmt längst schon die Sprechbewegungen nach, noch ehe es die Worte sprechen kann. Das sieht dann so aus: es spricht nur die letzte Endsilbe nach.

Bei dem Reim Backe backe Kuchen, der Bäcker hat gerufen, wer will guten Kuchen backen, der muß haben sieben Sachen: Eier und Schmalz Butter und Salz, Milch und Mehl, Safran macht den Kuchen gel. Werden alle Laute des Alphabeths gesprochen, nämlich Gaumenlaute wie K, G, CH, R, H, Zungenstützlaute L, N, D, T, Zungenlaute (Zahn) S, Z, SCH und Lippenlaute B, M, W, F, Pf, P, lassen sie sich in wunderbarer Weise üben. Bei diesem Reim ist auffallend, wie gut sich die Silben greifen lassen, wenn wir jeweils ein Stück Wachs fest drücken und von der einen in die andere Hand geben. Wir sehen den engen Zusammenhang zwischen den tausenden von Greifbewegungen des kleine Kindes in den ersten Lebensmonaten und den später folgenden „Greifbewegungen“ des Ober- und Unterkiefers, um Laute, Worte, Sätze zu sprechen.

Hat das Kind in den ersten Lebensmonaten diese vielfältigen Greifbewegungen (z.B. Gegenstände halten, Wollflöckchen aufheben, Tannennadeln halten, Papier zerreißen, Ball rollen, Tücher rutschen etc.) nicht oder sehr wenig gemacht, so können wir feststellen, dass oft eine Sprachentwicklungsstörung die Folge sein kann.

Das Einzigartige der Reime ist, daß sie für jede Situation im Kinderalltag eine frohe Erheiterung und geheimnisvolle Ablenkung von Wutanfällen, Nichtlaufenwollen, Nichtessenwollen etc. bringen, und immer unterhaltend sind.

Heile heile Segen
Drei Tag Regen
Drei Tag Schnee
Morgens tut’s nicht mehr weh.

 

Dieser Reim tröstet immer. Das Kind hört den geheimnisvollen Laut Ei Ei Ei

Ri Ra Rutsch
Wir fahren mit der Kutsch
In der Kutsche fahren wir
Auf dem Esel reiten wir
Ri Ra Rutsch
Wir fahren mit der Kutsch.

 

Auffallend steigern die Handwerkerreime wie z.B. der des Schreiners die Zungenmuskulatur, die leider zu oft durch Schnuller und Sauger fehlprogrammiert wurde.

Säge, säge Holz entzwei
große Stücke, kleine Stücke
Schni schna,
schni schna,
schnucks.

 

Ebenso ist bedeutend, wie die Rechts-Linksbewegung beim Flechten eines Zopfes vom Korbflechter geübt wird.

Winde Weiden,
flechte Rohr,
Schilf und Rinde
Wie der Mohr.
Und allmählich
ohne Sorg,
langsam, langsam
wird der Korb.

 

Die Alten wussten genau, wie die Bewegung des Handwerks in Lauten hörbar wird.

Säcke flicken, Säcke flicken,
haben keine Nadel.
Schneider, Schneider, hopp hopp hopp,
näh mir einen guten Rock!
Wenn ich zähle: eins zwei drei,
muß das Röckle fertig sein!
Eins – zwei – drei –
Das Röckle ist entzwei.

 

Viel öfters sollten Eltern und Erzieher die Tätigkeiten im Kinderalltag mit Reimen begleiten. Zumal durch ständiges Wiederholen der Reime das Kind allmählich über Hören, Bewegen, Sehen, Tasten und Gleichgewichten eine gesunde Atem- und Sprachfähigkeit erwirbt. Denn nur eine klar artikulierte, rhythmische Sprache gewährleistet die notwendige Belüftung, Stärkung und Harmonisierung des Mund-Nasen-Rachen- und Ohrraumes, die sogar Erkältungskrankheiten vorbeugen helfen können und somit Sprachentwicklungsstörungen verhindert.